Presse Fürther Nachrichten 10.02.1999
Seit Monaten kämpft der englische Blues-Gitarrist Richard Smerin vergeblich um eine Genehmigung fürs öffentliche Musizieren Kein einladendes Pflaster für
Straßenmusiker |
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FÜRTH - Es gibt viele Leute, die bezahlen Geld, um ihn zu hören. Er hat 20 LPs und vier CDs herausgebracht, stand mit manchen internationalen Bluesstars auf der Bühne, doch wenn der Gitarrist Richard Smerin in der Fürther Fußgängerzone kostenlos die Saiten zupft, dann ist das eine Ordnungswidrigkeit. Weil er keine Genehmigung für die "Durchführung von Straßenmusik" vorweisen kann, zwangen ihn die hiesigen Ordnungshüter bereits mehrfach, seinen Spielplatz vor dem Drogeriemarkt Müller zu räumen. Bereits im November erhielt der 38jährige einen Bußgeldbescheid über 150 Mark, ein zweiter ist vom Rechtsamt der Stadt Fürth angedroht. Denn mit seinem Gitarrenspiel auf öffentlichem Grund erfüllt der aus London stammende, lange Zeit in Kopenhagen lebende und seit 1997 in Fürth ansässige Musiker den Tatbestand der "Zuwiderhandlung gegen §§ 1,2 II Nr. 3 Sondernutzungssatzung der Stadt Fürth". Der Passus nennt als eine Form der Sondernutzung "das Betteln in jeglicher Form", und dafür - das ist in § 3 der Satzung festgelegt - wird grundsätzlich keine Erlaubnis erteilt. Definitive Absage Nun sieht sich Smerin keineswegs als Bettler, sondern vielmehr als Berufsmusiker, der einen Teil seines Geldes eben auch auf der Straße verdient, der mit seiner Musik einen "Service" erbringt und die Einnahmen daraus - nach eigener Aussage - sogar versteuert. Immer wieder bemühte er sich beim zuständigen Tiefbauamt um eine Genehmigung, doch wurde ihm jedes Mal mitgeteilt, dass eine solche für Straßenmusikanten in Fürth "grundsätzlich nicht erteilt wird". Einmal bekam er diese definitive Absage sogar schriftlich ins Haus geschickt. Smerin, der kaum Deutsch spricht, bat daraufhin sogar die Fürther Polizei um Amtshilfe. Als die Beamten ihn wieder einmal aufforderten, seine Gitarre einzupacken, lud er sie zu sich nach Hause ein, um ihnen das Schreiben der Stadt zu zeigen und zu dokumentieren, dass er sich durchaus um eine Genehmigung bemüht hatte. Doch zur Hilfe für den Fürther Neubürger sahen die Staatsdiener keine Veranlassung. Polizeichef Wilfried Dietsch, der während seiner Nürnberger Tätigkeit etliche Klagen von durch Straßenmusik genervten Anwälten und Ärzten auf den Tisch bekam, hat zu dem Thema inzwischen eine unmissverständliche Meinung: "Die Wandermusikanten machen sich ein fideles Leben, und die anderen hocken in ihren Büros und können nicht denken." Tatsächlich enthält die Fürther "Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen" keine Regelung zur Straßenmusik. Allerdings bedeutet das - entgegen den Bescheiden der Mitarbeiter des Tiefbauamts - nicht, dass entsprechende Genehmigungen ein Ding der Unmöglichkeit sind. Sowohl Amtsleiter Manfred Pirkl als auch Ordnungsreferent Christoph Maier betonen, sie würden gelegentlich schon erteilt, aber, so Maier, "wir handhaben es sehr restriktiv; im Regelfall lehnen wir ab". Zum einen müsse man die Interessen der Geschäftsleute und Anwohner berücksichtigen, zum anderen fürchtet man den "Nachzugseffekt". Bislang hatten allenfalls Musikstudenten mit Immatrikulationsbescheinigung das Glück, die begehrte Erlaubnis zu erhalten. Die Flötenspielerin oder der Drehleierkastenmann, die gelegentlich am ehemaligen Quelle-Kaufhaus anzutreffen sind, bleiben von der Genehmigungspflicht ausgespart, da sich ihr Standplatz unter dem Gebäude-Vordach auf privatem Grund befindet. Für alle Musikdarbietungen auf öffentlichem Terrain, sofern sie überhaupt erlaubt werden, gilt laut Maier jedoch: "Das Künstlerische muss im Vordergrund stehen, nicht der Gelderwerb." Ein ebenso fragwürdiges wie schwer zu überprüfendes Auswahlkriterium. Wechsel nach 30 Minuten Für Smerin spielt natürlich auch der Gelderwerb eine Rolle, doch steht die künstlerische Qualität des Fingerpicking Virtuosen gleichermaßen außer Frage. Andernorts, in Nürnberg etwa, hätte er die Erlaubnis wahrscheinlich längst in der Tasche. Dort können Straßenmusiker pro Tag drei Genehmigungen für die City erhalten, mit der Auflage, den Standort nach spätestens 30 Minuten zu wechseln. Eine ähnliche Regelung hält Pirkl nun auch für Smerins Auftritte in der Fürther Innenstadt für denkbar. "Man muss natürlich die Interessen gegeneinander abwägen und berücksichtigen, dass die Fußgängerzone in Fürth viel kleiner ist als in Nürnberg. Aber wir werden eine Lösung finden", signalisiert der Amtsleiter, der bislang nichts von den vergeblichen Bemühungen des Gitarristen wusste, Kompromissbereitschaft. Seinen Worten ließ er sofort Taten folgen: Bereits für heute Vormittag hat Pirkl ein Gespräch mit Smerin vereinbart. Regina Urban |